Vermouth (extra dry)

31
Mrz
2008

power love?

Wagners Tristan und Isolde in der Wiener Staatsoper.

Kein Wunder, dass Jungspund Tristan mit seinem alten Oheim Marke nicht um die Gunst Isoldens rittern muss! Unfreiwillig modern, so sagt mir eine Arbeitskollegin, sei die Deutung des Liebestranks in der englischen Untertitelung der aktuellen Staatsopernproduktion geraten - dort wird "der Minne Macht" zu "power love".
Ich bin wohl nicht die einzige, die sich diese Formulierung auf der Zunge zergehen lässt und in deren Phantasie der Recke da zum stud mutiert...

- Antonina

1
Dez
2007

Fun-Factor X-Mas

Kunsthandwerk, das.
Hm. Ein Zwischending, eine Grauzone. Ein Wort, in dem Prätentionen mitschwingen, Bescheidenheit, understatement, Übertreibung, Kitsch und Staubfang. Zu gefällig für Kunst, zu verspielt für Handwerk. Irgendetwas von dem, das sich eventuell unter diesem Oberbegriff zusammenfassen lässt, ist für jede/n von uns dabei.
Kunsthandwerk, das ist das bißchen Luxus, das wir uns gönnen. Dinge, die keine/r braucht, noch nie eine/r gebraucht hat und auch nie brauchen wird. Sie verleihen unseren Geschenken zwischen all den nützlichen Socken, Hauben und Skiern einen gewissen Glanz, ausgesucht wegen einer entweder imaginierten oder tatsächlich existenten persönlichen Note.
Hier sind wir ganz der/m Schenkenden ausgeliefert, ihrem oder seinem Geschmack bzw. ihrer oder seiner Kenntnis unseres Geschmacks.
Ob mich dieser Gedanke jetzt mit Vorfreude oder Furcht erfüllen soll, weiß ich nicht so recht.

Aber es inspiriert mich: Ich freue mich auf Best-of Nominierungen samt Herkunftsangabe in beiden Kategorien, schließlich habe ich jede Menge liebe zu Beschenkende, und auch solche, die ich gerne ein wenig ärgern will. Das ist, glaube ich, der Reiz des Ganzen. Zumindest für mich.

-Antonina

29
Okt
2007

Buchtipp

Kluge Geschichten, die Menschen nah an Abgründe und wieder zurück auf unsicher gewordenes Terrain führen, finden sich in den Büchern von Juli Zeh. Auf ihrer Website habe ich Links zu zeitkritischen Kommentaren in der Zeit gefunden. Mit dem Phänomen der Zeit beschäftigt sich Zeh auch in ihrem aktuellen Roman, Schilf. Der Kommissar löst darin u.a. den Fall des Zeitmaschinenmörders... sehr empfehlenswert.

tina

23
Jul
2007

"Mädchen

mach dir Locken, dann bleibst du nicht hocken!" (M.s Großmutter)
"Liebe geht durch den Magen." (T.s Großmutter)
"Sei wie das Veilchen im Moose, bescheiden, sittsam und rein. Nicht wie die stolze Rose, die immer bewundert will sein" (Mein Poesiealbum)

Wer bietet mehr?

tina

8
Jul
2007

Freundschaftsdienst

Eine für alle, alle für eine. So und nicht anders sind Freundschaftsdienste zu verstehen. Nur blöd, dass das eigene Leben da manchmal dazwischen kommt.

Freundin A. hat eine neue Wohnung und braucht Malerinnen. Freundin B. hat Interviews gemacht und braucht jemanden, der sie transkribiert.
Freund C. ist krank und braucht Gesellschaft.

Und ich brauche Erholung...

tina

7
Apr
2007

Eisenfeile statt Nagelfeile? Brrr...

(...) Blasen an den Händen statt Parfum und Lippenstift > Setzt sich unter Männern durch >Steuert heute die Materiallogistik in der Mechanischen Werkstatt > Eisenfeile statt Nagelfeile.

Im Anschluss an die FIT-Programme setzt endlich auch ein heimisches Großunternehmen Zeichen einer neuen Zeit:
Böhler und Uddeholm schalten im dieswöchigen profil ein zweiseitiges, prominent platziertes Werbesujet, für das Scholdan&Company (Selbstdefinition "Problemlöser für kommunikative Aufgaben") verantwortlich zeichnen, um sich als Arbeitgeber für Frauen in sogenannten untypischen Berufen zu positionieren.
(siehe http://www.bohler-uddeholm.com/files/downloads/GB_2005_D.pdf S. 13)

Meine Mathematikprofessorin hat entgegen dem damaligen Usus auch die halbe Punkteanzahl für richtige Ansätze vergeben, die leider in der konkreten Durchführung schief gelaufen sind. Eisenfeile statt Nagelfeile? Und ohne Parfum und Lippenstift setzt frau sich auch unter Männern durch? Also ehrlich... Das vielzitierte Gegenteil von gut ist gut gemeint. Ein bisschen mehr Einfühlen in die Zielgruppe wäre echte Problemlösungskompetenz!

Trotzdem: ein richtiger Ansatz

- Antonina -

23
Mrz
2007

Bad Practises. Me, myself and Bridget Jones

Warnung an alle LeidensgenossInnen: So macht man/frau es nicht!
Nach einer schlaflosen Nacht, die ich damit verbracht habe, meinen Diplomarbeitsfahrplan zeitbudgetmäßig den neuen Herausforderungen anzupassen, ist mir ein Vormittag passiert, der Bridget zur Ehre gereichen würde:
  • 06:35. Der Tag beginnt mit der Einsicht, dass diese irrwitzige Weckzeit nach einer solchen Nacht nicht tragbar ist, und ich verbringe eine weitere Stunde im Bett.
  • 07:55. Tee mit Milch und Schokolade zum Frühstück (Butter für den Toast ist aus).
  • 08:30. Widerstrebender Versuch, das Projekt "produktiver Schreibtag" in Angriff zu nehmen. Ich fahre den PC hoch und beschließe, mir zunächst einen Überblick über den Status Quo zu verschaffen.
  • 8:45. Mir ist kalt. Ich koche mir einen Tee. Hm, der Wasserkocher ist kaputt. Wieso, wieso? Gerade eben hast du noch funktioniert, nichtswürdiger Elektroschrott! Na, dann koche ich ihn eben im Topf, und stoße diesen nachher um und putze erstmal fluchend die Teeflankerln vom Boden, die ich leider auch an den Füßen kleben habe und somit hübsch durch die Wohnung verteile...
  • 10:00. and now back to the studio (Fielding, 1998:223). Wo ist denn der Mayring hin? Hilfe, Philipp, warum hast du mich verlassen? Könnte Weblog schreiben... Nein, ich such ihn wohl besser...Böser Philipp, hasse dich - wo bist du? Kannst rauskommen, ich will dich eh nicht lesen... Trinke lieber noch ein bisserl Tee... Aua, worauf setz ich mich denn da? Der Standard von vor einer Woche, den braucht echt niemand mehr. Wieso werfe ich eigentlich nie was weg? Hinfort mit dir ins Altpapier! Hoppla, da isser ja, der Ausreißer! Philipp, was machst du unter der Zeitung nur? Mist, jetzt muss ich mich doch noch mit der Kategorienfindung beschäftigen. Hm, wobei, es ist -
  • 11:15... und ich hab Hunger. Mal schaun, was mir mein Kühlschrank so zu bieten hat. Ich könnte eigentlich gleich etwas kochen, es ist eh fast zwölf. Hm, die Küche schaut vielleicht aus. Mag jetzt nicht putzen. Vielleicht sollte ich erst mal meine Mails lesen.
  • 11:30. Neuer Versuch. Jetzt aber wirklich! Wo ist denn der Mayring jetzt? Gerade hab ich ihn doch noch in der Hand gehabt...
- Antonina

6
Feb
2007

Monotonie

Ich bin so müde
das liegt vielleicht daran,
dass der Wasserhahn tropft
er tropft und tropft und tropft
und immer noch
kann ich das monotone Geräusch hören,
das er dabei erzeugt.
Bei soviel Monotonie
kann ich nicht einschlafen

Ich bin so müde
das liegt vielleicht daran,
dass ich nicht weiss,
ob ich ihn liebe.
Es ist, als hätte ich eine Liste im Kopf,
die mir sagt, was ich zu tun habe.
Schritt für Schritt tue ich das,
ganz mechanisch.
Ist Liebe monoton?

Ich bin so müde
das liegt vielleicht daran,
dass die Schule langweilig ist.
Man hat ein gewisses Verhaltensmuster
(gelernt in all der Zeit)
nach dem man sich verhält
jedesmal etwas anders
und die anderen glauben, man ist so.
Es passiert immer das Gleiche.
Was ist mit mir passiert?

CordELIA, 12/95 - 02/96

9
Jan
2007

Jenseits der unerträglichen Leichtigkeit des politischen Geschehens

Die Wahlkampfgewinnerin stellt außer dem Kanzler lediglich unter Beweis, dass ihr jedwedes Gespür abhanden gekommen ist: für Realpolitik, für den WählerInnenwillen, dafür, was gut für sie ist.
Eine derartige Ressortverteilung und ein plötzlicher Anflug von selektivem Alzheimerbefall in Hinblick auf die eigenen plakativsten Wahlversprechen ist selbst im charmanten politischen double speak höchstens eine sehr "mutige Entscheidung".
Wieviel Führungskraft, wieviel Durchsetzungsvermögen hinsichtlich seines Programms, so noch vorhanden, trauen man und frau einem Kanzler zu, der seine Schlüsselministerien dem ihm unterlegenen politischen Gegner überlässt? Und von einem Großen Fressen in eben dessen ureigensten emsigen Dunstkreis (bei der ungeschickten Auswahl seiner Dinnerpartner hinterlässt er gern einen patscherten Eindruck) ausrichtet, dass der seiner Partei zu Oppositionszeiten ein solcher Dorn im weitblickenden Augenlichte gewesene Finanzminister eventuell mit seiner Zustimmung weiterhin Entscheidungen auf die lange Regierungsbank schiebt?
Wer hat ihm von der befreienden Wirkung der Arbeit erzählt, zu der er jetzt Studierenden in Form einer Befreiung von den ungeliebten Gebühren im Austausch zu Sozialdiensten rät, auf dass sie zwar einen nützlichen Beitrag für die Gesellschaft leisten mögen, aber dafür ein Berufsfeld, das ohnehin bereits unter chronischer Unterbezahlung, fehlender Wertschätzung und daher auch Unterbesetzung leidet, weiter diskreditieren? Und an welche Zielgruppe ist dieses Angebot eigentlich gerichtet? Sollten wir nicht eigentlich davon ausgehen, dass StudentInnen, die sich die Studienkosten schwerer leisten können als andere, bereits längst ein wichtiger Bestandteil des Sektors Teilzeitarbeit geworden sind und jetzt nicht vor Freude vom Stuhl kippen, wenn Ihnen ein paar pensionsversicherungstechnisch gut versorgte wohlmeinende ältere Herren (und Damen?) anbieten, die beanstandeten Gebühren à € 6.- die Stunde abzuarbeiten?

Ist das noch: "Das Gegenteil von gut ist gut gemeint"? Oder schon "Jenseits von Gut und Böse"?

- Celia -

27
Dez
2006

Daunenschön und Gänsefein

In der heutigen Ausgabe des Standard findet sich ein Artikel über das Sozialverhalten der Lorenzschen Graugänse. Besonders betont darin wird die Zivilstatuskomponente des weltweit besterforschten Federviehs. Beispielsweise soll es doch tatsächlich unter den klassisch als lebenslang treu verschrienen Piepmatzen auch Singles geben (sic!), und zwar entweder, weil sie "einfach niemand haben will oder die auch selbst keinen Partner wollen", sagt zumindest Verhaltensforscherin (sic!) Isabella Scheiber auf die Frage, wieso bestimmte Weibchen "übrig bleiben", und das in einer Gänsegesellschaft mit klassischem Ganterüberschuss und somit einer breit gefächerten Auswahlmöglichkeit für künftige Gänsemütter.
Artikelverfasserin Doris Griessner präsentiert die neuesten Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Graugansforschung bereits eingangs im ersten Absatz wie folgt: "So konnten Wissenschafter (sic!) von der Konrad Lorenz Forschungsstelle für Ethnologie kürzlich nachweisen, dass die ungebundene Lebensform sogar (sic!) bei Graugänsen den Stresspegel deutlich ansteigen lässt." Demnach haben die Lorenzschen Lieblinge weniger Stress, wenn sie auf mindestens drei Jungtiere in ihrer Kernfamilie verweisen können. Vor allem der soziale Status des jungen Weibchens würde dadurch aufgewertet, denn diese befänden sich nach dem Erwachsenwerden auf der alleruntersten Hierarchieebene. Weiters profitierten von etwaigem sozialen Engagement der Gruppe nur Pärchen oder Familien, denn " Singles haben von keinem aus der Gruppe Trost zu erwarten". Der Unterschied zwischen Gänsen und Primaten sei minimal, so das Fazit der Wissenschafterin am Ende des halbseitigen Artikels im sechsseitigen lachsrosa Forschung spezial.

Well, well. Die Neuigkeiten aus der Graugansforschung werden von zwei Frauen - einer Autorin und einer befragten Wissenschafterin - getragen. Wie aber kommt es, dass die Forschungsnachricht einer Leserin das Gefühl gibt, es werde hier (unter Zuhilfenahme von scheinbar harmlosen Situativen wie "sogar" und diverser anderer Stilmittel) nicht nur von Gänsen gesprochen? Auf ganz subtile, und der Autorin tragischerweise vielleicht nicht einmal bewußte Art wird hier ein Gesellschaftsbild nicht der Graugänse gezeichnet, sondern durch den ständigen Verweis auf die kaum vorhandenen Verhaltensunterschiede zu den Primaten auch eines von den mißratenen Cousins und Cousinen letzterer, nämlich - uns.

Übertreibe ich jetzt? Es geht um den Subtext, und der beeinflußt eine Gesellschaft in einem größtmöglichen Ausmaß, richtet er sich doch an unser Unterbewußtsein, das ihn, vom Intellekt unhinterfragt, aufnimmt, verdaut und ihn unserer unbewußten Wahrnehmung zuspeist. Nur ein winzigkleiner Mosaikstein, aber Teil der Konditionierung. Wenn diese Verantwortung noch nicht einmal Verhaltensforscherinnen und Journalistinnen bewußt ist, wem dann?


Celia