12
Dez
2006

Wien

Salzburg, auf youtube als Stadt der Könige entlarvt. Da bleibe ich dann doch lieber in Wien, Stadt der Dienstboten?

Kristina

Alle Jahre wieder

Das Fest der Liebe beglückt uns dieses Jahr zu einem Zeitpunkt, an dem es noch gar nicht kalt genug ist, als dass wir uns zum aneinander Wärmen in die Arme schließen wollen. Anstatt uns besinnlich im Winterkalt angenehm betrunken zu machen, schenkt uns der Punsch heuer prämenopausale Hitzewallungen, und während wir unter dem strahlenden Lichterglanz von mehreren tausend Watt dumpf vor uns hinbrüten, zwitschert es zugvögelsam von Knospen tragenden Forsythienzweigen. Unzeitgemäß.
Emily schenkt ihrer hassgeliebten Schwester beispielsweise einen Film über eine psychotische Geschwisterbeziehung mit verdient tragischem Ausgang. Ich wickle den hässlichsten Anhänger, den das Schmuckmacher-Pendant zu Tupperware jemals herausgebracht und mir anlässlich einer missglückten Ladiesnight im Casino untergejubelt hat, von liebevoller Bosheit erfüllt in Goldpapier, Wetten mit meinem inneren Alter Ego abschließend, ob die liebe Oma sich wohl freuen wird.
Kristina hat neulich beschlossen, dass ihr Bruderherz ein neues Waschbecken im Bad montieren wird, wenn er es wagen sollte, angesichts des Designerstücks, dass sie ihm zueignen will, nicht gebührend hoch in die Luft zu springen; und ihrem Ton war nicht zu entnehmen, ob das jetzt gekonnte Pointierung war oder ob da ein gewisser Grad an maliziösem, ernst zu nehmenden Unterton mitschwingt. Jedenfalls hat sie gestrahlt, als sie das verkündet hat. Andrea hat ihren Frust, auf Befehl Harmonie in der großstadt- und ablenkungsfreien Einöde mit Menschen zu leben, die ihr in den letzten Monaten das Leben unnötig schwer gemacht haben, zuerst in einer Überdosis Kaffee ertränkt, um am Spätnachmittag noch die nötige Energie und Stimmung für ihr Christmas-Shopping aufzubringen. Sie übt sich in Sachen Enthaltsamkeit schon einmal an den Verkäuferinnen, die noch bis zum final countdown ihren Weg kreuzen, vielleicht steigert das dann die Fähigkeit, unterm großen Lichterbaum über die allgegenwärtige Tragikomik mit Grandeur hinwegzusehen.

Was ist übrig geblieben vom Tag aller Tage im Jahr, dem ich vor zwei Dekaden einmal so entgegengefiebert habe? Wenn ich einmal groß bin, dann mache ich alles anders? Ich glaube, zu Weihnachten hätte ich gerne einen mit erneuerbarer Energie betriebenen, biologisch abbaubaren Vibrator. Dann muss ich vielleicht nicht mit meiner Familie feiern, sondern lege mir meinen eigenen Alptraum zu. Wobei, vielleicht bleibe ich bei der batteriebetriebenen Version. Genau genommen habe ich mich nämlich noch nicht entschieden, ob sich die Menschheit überhaupt vermehren soll.

Celia

11
Dez
2006

Spaghetti

Wer kurz vor dem Date noch anruft, hat schon verloren. Sobald es klingelt, male ich mir den Abend alleine aus, die Absage mitgedacht. Und dann geht es doch nur um den richtigen Wein zum Abendessen.
Heut gibt es also Spaghetti, eingekocht in ein klein wenig Vertrauen. Mal sehen, ob es mundet :)

Kristina

9
Dez
2006

Heinrich, mir graut vor mir!

Es war, nach meinem eigenen, nicht notwendigerweise allgemein gültigen Zeitempfinden, frühmorgens, nach dem Sport. Das wärmende Wasser hat meinen Körper wie in eine Decke gehüllt und meinen Nacken massiert. Ich halte inne, obwohl mein Körper schon vom Chlorwasserduft befreit ist. Ich habe plötzlich das Gefühl, mein Körper brauche diesen Luxus so dringend wie ein Stückchen Brot. Über den Tag verteilt gönne ich mir noch ein paar solcher Momente, und dafür stellt sich als ungebetener Gast ein schlechtes Gewissen ein.

Zeit – eine versuchte Definition. Hm. Ein abstrakter Faktor, Spielball von Angebot und Nachfrage in der leistungsorientierten Konsumgesellschaft. Ein paar Minuten – unendlich kostbar, wenn sie unvermutet zum Kräftesammeln vor einer größeren Anstrengung übrig bleiben. Wertlos, wenn man sie an einer Bushaltestelle zubringen muss. Momos graue Herren paffen eifrig an ihren Zigarren, mir fehlt sie derzeit allerorts. Des Abends schmieren sich die Schreckgespenster meiner unerledigten To-Do-List als unliebsame Bettgenossen an mein Kopfkissen und murmeln mir unablässig ins Ohr, während ich mir vergeblich befehle, endlich einzuschlafen, schließlich habe ich morgen „Keine Zeit!“ müde zu sein.

Wem ist denn der Geniestreich gelungen, die Zeit mit Maßeinheiten auszustatten? Den Marketingexperten der alten Ägypter, oder den Zauberern von Atlantis, deren Insel aus Rache versenkt wurde? Hundertstelsekunden, Freiminuten, Arbeitsstunden, Wochenendstau, Monatsmiete, Jahresbilanz – ist das die Rechnung für die vielzitierte Erbsünde, die den Evastöchtern und Adamssöhnen nach der Abschiebung aus dem Paradies präsentiert wird?

"Werd ich zum Augenblicke sagen:
Verweile doch! du bist so schön!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zugrunde gehn!
Dann mag die Totenglocke schallen,
Dann bist du deines Dienstes frei,
Die Uhr mag stehn, der Zeiger fallen,
Es sei die Zeit für mich vorbei!"

Das Erbe der wahren Yuppies: Instant Gratification!
Zeit ist schließlich Geld, und alle Macht dem Mammon.
Heinrich Faust hat das gewusst, aber wann hab ich unterschrieben?

Celia

Orion

Geht es um gute Gespräche? Darum, sich mit Worten zu berühren?

Wenn aus einem Gespräch heraus Fragen gestellt werden, die echte Antworten, Nachdenken brauchen, dann ist sich darauf einlassen notwendig.
Als ich mich heute darauf einließ, bekam ich es gleich mit der Angst vor dem Hineingesogen werden zu tun. Wie die Angst vor dem Abgrund, den man meidet, um nicht aus freiem Willen zu springen.
Um zu Entkommen, habe ich mir Sternbilder zeigen lassen. Nun kenne ich Orion und mein Fürchten.

Kristina

8
Dez
2006

Kurven

"Die Reduktion von Kurven bedeutet, dass man sich erfolgreich gegen jede sinnliche Verführung zu wehren weiss, die einen von der geraden Linie des Erfolgs abbringen könnte." - Elisabeth Bronfen, Kulturwissenschafterin

Weihnachten sei dank, kann davon ja keine Rede sein.

Mission Statement

Wir schreiben diesen Blog, um festzuhalten, was uns im Alltag an Absurditäten und Skurrilitäten im emotionalen Großstadtdschungel begegnet. Kurz: Es geht um das Leben an sich und die Liebe im Besonderen.
Hier spiegeln wir unsere liebsten Verführungen, erheiternde Ahas und die abschreckensten Geständnisse, die wir erfahren.
Celia und Kristina