10
Jan
2007

Alle Vöglein sind schon da

Kaum scheint einmal kurz die Sonne, werden alle Parkbänke in Sonnenlage von PensionistInnen bevölkert.
So gesehen gestaltet sich das Altern, Schreckensbild einer von einer Zwangsverordnung zum Jugendkult determinierten Gesellschaft, eigentlich gar nicht so furchtbar: Endlich einmal Zeit für die kleinen Dinge im Leben haben. Die Werbung gaukelt uns vor, es gäbe große Dinge, große Momente, Augenblicke des absoluten Glücks voll Fame & Fashion; wenn wir auf sie warten, verpassen wir währenddessen das Wesentliche mit all seinen kleinen Unvollkommenheiten, die die Wirklichkeit des Erlebten erst ausmachen.

Hm. Bis es soweit ist, nehme ich mir viertelstundenweise Urlaub vom Alltag, und schlage einen Umweg über den Schönbrunner Park ein, lasse mir die überraschend auf Besuch gekommene Sonne in mein winterbleiches Gesicht scheinen, lausche dem unmelodiösen Krächzen der Krähen und lasse mich zum Reflektieren auf einer endlich gefundenen noch pensionistenfreien Parkbank nieder.

- Celia -

9
Jan
2007

Jenseits der unerträglichen Leichtigkeit des politischen Geschehens

Die Wahlkampfgewinnerin stellt außer dem Kanzler lediglich unter Beweis, dass ihr jedwedes Gespür abhanden gekommen ist: für Realpolitik, für den WählerInnenwillen, dafür, was gut für sie ist.
Eine derartige Ressortverteilung und ein plötzlicher Anflug von selektivem Alzheimerbefall in Hinblick auf die eigenen plakativsten Wahlversprechen ist selbst im charmanten politischen double speak höchstens eine sehr "mutige Entscheidung".
Wieviel Führungskraft, wieviel Durchsetzungsvermögen hinsichtlich seines Programms, so noch vorhanden, trauen man und frau einem Kanzler zu, der seine Schlüsselministerien dem ihm unterlegenen politischen Gegner überlässt? Und von einem Großen Fressen in eben dessen ureigensten emsigen Dunstkreis (bei der ungeschickten Auswahl seiner Dinnerpartner hinterlässt er gern einen patscherten Eindruck) ausrichtet, dass der seiner Partei zu Oppositionszeiten ein solcher Dorn im weitblickenden Augenlichte gewesene Finanzminister eventuell mit seiner Zustimmung weiterhin Entscheidungen auf die lange Regierungsbank schiebt?
Wer hat ihm von der befreienden Wirkung der Arbeit erzählt, zu der er jetzt Studierenden in Form einer Befreiung von den ungeliebten Gebühren im Austausch zu Sozialdiensten rät, auf dass sie zwar einen nützlichen Beitrag für die Gesellschaft leisten mögen, aber dafür ein Berufsfeld, das ohnehin bereits unter chronischer Unterbezahlung, fehlender Wertschätzung und daher auch Unterbesetzung leidet, weiter diskreditieren? Und an welche Zielgruppe ist dieses Angebot eigentlich gerichtet? Sollten wir nicht eigentlich davon ausgehen, dass StudentInnen, die sich die Studienkosten schwerer leisten können als andere, bereits längst ein wichtiger Bestandteil des Sektors Teilzeitarbeit geworden sind und jetzt nicht vor Freude vom Stuhl kippen, wenn Ihnen ein paar pensionsversicherungstechnisch gut versorgte wohlmeinende ältere Herren (und Damen?) anbieten, die beanstandeten Gebühren à € 6.- die Stunde abzuarbeiten?

Ist das noch: "Das Gegenteil von gut ist gut gemeint"? Oder schon "Jenseits von Gut und Böse"?

- Celia -

27
Dez
2006

Daunenschön und Gänsefein

In der heutigen Ausgabe des Standard findet sich ein Artikel über das Sozialverhalten der Lorenzschen Graugänse. Besonders betont darin wird die Zivilstatuskomponente des weltweit besterforschten Federviehs. Beispielsweise soll es doch tatsächlich unter den klassisch als lebenslang treu verschrienen Piepmatzen auch Singles geben (sic!), und zwar entweder, weil sie "einfach niemand haben will oder die auch selbst keinen Partner wollen", sagt zumindest Verhaltensforscherin (sic!) Isabella Scheiber auf die Frage, wieso bestimmte Weibchen "übrig bleiben", und das in einer Gänsegesellschaft mit klassischem Ganterüberschuss und somit einer breit gefächerten Auswahlmöglichkeit für künftige Gänsemütter.
Artikelverfasserin Doris Griessner präsentiert die neuesten Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Graugansforschung bereits eingangs im ersten Absatz wie folgt: "So konnten Wissenschafter (sic!) von der Konrad Lorenz Forschungsstelle für Ethnologie kürzlich nachweisen, dass die ungebundene Lebensform sogar (sic!) bei Graugänsen den Stresspegel deutlich ansteigen lässt." Demnach haben die Lorenzschen Lieblinge weniger Stress, wenn sie auf mindestens drei Jungtiere in ihrer Kernfamilie verweisen können. Vor allem der soziale Status des jungen Weibchens würde dadurch aufgewertet, denn diese befänden sich nach dem Erwachsenwerden auf der alleruntersten Hierarchieebene. Weiters profitierten von etwaigem sozialen Engagement der Gruppe nur Pärchen oder Familien, denn " Singles haben von keinem aus der Gruppe Trost zu erwarten". Der Unterschied zwischen Gänsen und Primaten sei minimal, so das Fazit der Wissenschafterin am Ende des halbseitigen Artikels im sechsseitigen lachsrosa Forschung spezial.

Well, well. Die Neuigkeiten aus der Graugansforschung werden von zwei Frauen - einer Autorin und einer befragten Wissenschafterin - getragen. Wie aber kommt es, dass die Forschungsnachricht einer Leserin das Gefühl gibt, es werde hier (unter Zuhilfenahme von scheinbar harmlosen Situativen wie "sogar" und diverser anderer Stilmittel) nicht nur von Gänsen gesprochen? Auf ganz subtile, und der Autorin tragischerweise vielleicht nicht einmal bewußte Art wird hier ein Gesellschaftsbild nicht der Graugänse gezeichnet, sondern durch den ständigen Verweis auf die kaum vorhandenen Verhaltensunterschiede zu den Primaten auch eines von den mißratenen Cousins und Cousinen letzterer, nämlich - uns.

Übertreibe ich jetzt? Es geht um den Subtext, und der beeinflußt eine Gesellschaft in einem größtmöglichen Ausmaß, richtet er sich doch an unser Unterbewußtsein, das ihn, vom Intellekt unhinterfragt, aufnimmt, verdaut und ihn unserer unbewußten Wahrnehmung zuspeist. Nur ein winzigkleiner Mosaikstein, aber Teil der Konditionierung. Wenn diese Verantwortung noch nicht einmal Verhaltensforscherinnen und Journalistinnen bewußt ist, wem dann?


Celia

We wish you

Wer nicht auf Weihnachts- bzw. Sylvestergrüße antwortet und sich auch ansonsten digital abschottet, wird trotzdem zugemüllt. Natürlich wünsche ich allen meinen Lieben frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr. Aber muss ich ihnen das auch in Form von "lustigen" animierten Videos mitteilen? Oder doch eine .pps versenden, die zum Schenkelklopfen verleitet? Von den SMS im Minutentakt am so genannten Heiligen Abend ganz zu schweigen...
Sogar der Briefträger legt mir freundliche Wünsche im Tintenstrahldruck in den Postkasten, ohne dabei auf ein leeres Kuvert für etwaige monetäre Dankesbezeugungen zu vergessen.

Ich wünsche lieber schöne freie Tage im Geiste, ohne die so Bewünschten kommunikativ in allen Kanälen zuzumüllen. In diesem Sinne: "..."

Kristina

21
Dez
2006

Zeit

macht munter. Schlafen macht autonom. Wie schade, dass von beidem immer zu wenig da ist.
Außer Sonntags! Dann aber spielen die Unruhegeister Schlitten fahren und bewegen uns wie Schachfiguren durch die Stadt - wenn wir allein unterwegs sind. Zweisamkeit schützt vor Geistern, glaub ich.
Ins Wunschpaket: Zeit, Schlaf, Zweisamkeit.

Kristina

17
Dez
2006

Werkstätte gesucht

Hollywood-Filme sind etwas schönes. Sie verderben uns nur leider völlig fürs Leben. Nimmt man sie für bare Münze, wartet frau darauf, dass einem der körpereigene Instinkt Warnsignale gibt (in welcher Form auch immer), wenn der Richtige die Szene betritt. Ich frage mich, ob dieser Mechanismus vielleicht regelmäßig im Werk auf seine Funktionstüchtigkeit untersucht und gewartet werden muss und man nur vergessen hat, mir das mitzuteilen. Vielleicht laufe ich schon eine Dekade mit leeren Batterien durchs Leben und weiß das gar nicht. Hmm. Weiß eine von euch einen guten Mechaniker?

Celia

16
Dez
2006

Safety Net-ism

Safety Net-ism:
"Der Glaube daran, dass es irgendwo im Hintergrund immer ein finanzielles und emotionales Absicherungsnetz gibt, eine Pufferzone für die Verletzungen im Leben. (Gewöhnlich die Eltern)"

Einst hab ich mir ein Shirt mit dieser Aufschrift gekauft, um es im Bezug auf die finanzielle Unterstützung durch die Eltern selbstironisch auf der Brust provokativ zur Schau zu stellen.

Vorgestern bin ich von der Heretikerin wieder zur Gläubigen geworden, was die emotionale Absicherung angeht. Dazu braucht es nichts weiter als einen ernsthaften Anlass, der eine Grundangst aus der Kindheit durch unglückliche Umstände ein fröhliches Comeback feiern lässt. Schon einmal aus eigener Blödheit die Augen verätzt und in aufsteigender Panik und rasant abnehmender Sehfähigkeit wie eine wild gewordene Hummel durch die Wohnung getaumelt?
In Grenzsituationen ist die eigene Familie doch die Letztinstanz, und beschenkt einen mit Schwestern, die sofort alles liegen und stehen lassen, wenn man hysterisch ins Telefon kreischt, um einen ins Krankenhaus zu fahren, später mit nach Hause zu nehmen und den Tag darauf alle Termine absagen, um für einen da zu sein.

Celia

15
Dez
2006

Pragmatisch

ist es, zu lieben, was leicht fällt.
Ein kanadischer Soziologie, John Alan Lee, hat sechs Liebesstile beschrieben. Pragmatisch nennt er jene Liebe, die weder Emotion noch Sexualität betont, sondern z.B. Lebenspläne oder Einstellungen.
Pragmatisch klingt sehr negativ, sehr berechnend in meinen Ohren. Ist es vielleicht trotzdem die klügere Lösung?

13
Dez
2006

Was fehlt euch?

Die Spaghetti schmecken immer noch. Doch abseits der Pasta stellt sich die Frage, warum Unerreichbarkeit interessant macht: Meine Männer (und damit meine ich flüchtige Bekanntschaften und lange Romanzen) haben ein Faible für abgeschaltete Handys, volle Terminkalender und Wochenenden ganz alleine. Wehe, wenn frau gut erreichbar ist!
Interessant ist, was fehlt. Was fehlt euch denn?

Kristina