20
Feb
2009

Hallo Nachbar!

Die sogenannte Anonymität in der Großstadt ist eigentlich etwas, das ich sehr schätze. Jahrelang habe ich in einem Haus gewohnt, ohne im Treppenhaus auch nur irgendeinem der Nachbarn zu begegnen, geschweige denn den Namen an der Gegensprechanlage auch nur ein Gesicht zuordnen zu können.

Andere Häuser, andere Sitten.
Und an der Wiener Peripherie herrscht Kleinstadtmentalität. Dort gibt es ein Haus, in dem ich gerne zu Gast weile. Wie es der Zufall so will, bin immer ich es, die dort an die Tür geht, wenn der selbst ernannte Hausvertrauensmann an der Tür klingelt. Neulich hat er das ganze Haus an einem Sonntag vor 9 Uhr früh herausgeklingelt, weil nun der geeignete Zeitpunkt sei, endlich die Heizkörper zu entlüften, auf dass sie nicht mehr pochen. Dieses sei, so erklärte mir der rüstige Endsechziger, unbedingt synchron zu erledigen, weshalb die Anwesenheit aller Hausparteien erforderlich und Sonntag früh der einzig mögliche Zeitpunkt dafür sei.

Habe ich besagten Pensionisten zu diesem Zeitpunkt zwar als schlichtweg unmöglich, aber noch als rührig empfunden, weil ich als Leichtschläferin verstehen kann, wie lästig einem pochende Heizkörper aus der Nachbarwohnung werden können, so habe ich heute meine Meinung geändert.

Es klingelt, und wieder öffne ich in der fremden Wohnung die Tür. Ob die gnädige Frau wisse, ob der Wohnungsinhaber noch die Presse beziehe. Die gnädige Frau bedauert, aber Die Presse sei ihres Wissens schon vor Monaten abbestellt worden. Dann vielleicht den Standard. Bedaure, sage ich, und wundere mich ein bisschen, ich hätte ihn nämlich für einen Kronenzeitungleser gehalten.

Ach so, dann hätte sich die Frage erledigt. Weil nämlich, er müsse jetzt auf die Polizei, eine Anzeige erstatten, wenn sich der Schuldige nicht findet. Warum, frage ich verdattert, stiehlt Ihnen jemand die Presse von der Fußdacke? Nein, sagt er, aber die Ausländer.
Die Ausländer?
Ja, die Ausländer. Die haben einen Schüssel, und das geht so nicht. Schließlich ist auf der Vollversammlung beschlossen worden, eine so teure Briefkastenanlage anzuschaffen, dass die nicht mehr hereinkommen. Weil mit dem Schlüssel, da kommt man ja überall hin. In die Garage, in den Keller, in die Waschküche, zu den Fahrrädern. So geht das nicht. Wie soll man sich denn da vor Dieben schützen? Und, gnädige Frau, ich weiß, dass die einen Schlüssel haben. Ich hab sie neulich abgepasst. Um vier Uhr hab ich mich auf die Lauer gelegt. Wer hat Ihnen den Schlüssel gegeben, hab ich gesagt. Sie haben kein Recht, hier hereinzukommen, hab ich gesagt. Aber sie haben mir keine Antwort gegeben. Vermutlich haben die mich nicht verstanden. Und überhaupt, es gibt jemanden im Haus, der sperrt die Tür nie zu. Dabei ist auf der Vollversammlung beschlossen worden, dass die Tür ab 20h versperrt sein muss, zum Schutz der Bewohner. Aber, gnädige Frau, Sie brauchen sich keine Sorgen machen. Ich kontrolliere das immer. [...]

Ich mache mir aber Sorgen! Wer rettet mich vor diesem Pensionisten?

- Antonina
tina (Gast) - 22. Feb, 20:18

...vielleicht das t-shirt

vom black austria leiberltauch (http://www.blackaustria.at/08_kampagne.php?SHOP=webshop)

willkommen im westen! :)

kat.P - 13. Mär, 22:38

was wo anders auch?!

Hi antonia die sich auch meinen neuen familiennamen merkt ;-)

ich les grad deinen blog und bin entsetzt, denn ich dachte wir hätte im haus (15.bezirk) als einzigen einen frischpensionierten, der sich um solcherlei dinge kümmert: meinen sie nicht auch, dass wir uns einen mistkübel im hof sparen könnten, die ausländer müssen ihren sperrmüll halt wo anders hin tun, wie alle anderen auch?! meinen sie nicht auch, dass man so viel sparen könnte, wenn wir alle müll trenen- aber ich muss mich nich tsorgen, er kontrolliert das, denn sein fesnter geht auf den hof hinaus und da kann er auf uns aufpassen udn geht gegebenenfalls hinunter und stellt die leute zur rede!! unsere hausbesorgerin hat er schon abgeschafft! wir haben jetzt ein reinigungsservice, das uns angeblich weniger kostet, den zweiten mistkübel haben zum glück noch! um das ersetzen des einen kübels, der ein loch hat wollte er sich leider nicht kümmern, aber seit dem ich ih mdas vorgeschlagen habe, lässt er mich in ruhe *grins* fragt sich nru wie lange! danke für dieses anteilnahme-nehmen lassen... jetzt bin ich endgültig schockiert, denn was passiert wen ndie sich alle zusammentun!?!?!

Antonina (Gast) - 18. Mär, 21:46

das goldene Wienerherz

Liebe Kat,
die vorstellung ist grauenvoll!
Aber keine Angst, die tun sich nicht zusammen - da kann sich frau ruhig darauf verlassen, dass dieser Schlag Mensch prinzipiell alle anderen auf dieser Welt unsympatisch und überwachungswürdig findet - auch seinesgleichen!
LG in den 15.,
Antonina

PS: Klar kenn ich auch deinen neuen Nachnamen - ich kenne auch noch deinen zweiten Vornamen! Diesbezüglich macht mein Gedächtnis Überstunden - dafür geht es gerne in Krankenstand, wenn es um Ziffern jedweder Art geht - Uhrzeiten und Kalendertage von vereinbarten Treffen, Telefonnummern, Zugangs- und Bankomatcodes....